Saison 23|24 ›FUROR‹
Liebes Publikum,
›Furor‹ – ein Wort wie ein Blitzstrahl, das uns unmittelbar anspringt und in Emotionen versetzt: Wut, Zorn, Raserei, Tobsucht oder Groll – wahrscheinlich gibt es kaum etwas Archaischeres und Unmittelbareres, dem sich Niemand von uns entziehen kann.
Ist nicht gerade jetzt die Zeit für einen solchen Saisontitel? Eine Zeit voller Krisen, die für uns nicht vorstellbar waren, voller Umbrüche und Unsicherheiten. Eine Zeit, in der die Suche nach einfachen Antworten, die es so meist nicht gibt, immer öfter in Aggression und offenem Ressentiment mündet. Plötzlich tauchen Begriffe wie der ›Wutbürger‹ auf, der Furor der Menschen begegnet uns – ob auf den Straßen oder mehr noch im Internet – auf Schritt und Tritt. Die Verhärtung der Konflikte auf allen Ebenen, die kalkulierte Inszenierung kollektiver Empörung und die Verweigerung des gesellschaftlichen Dialogs haben Konjunktur. Und gerade dort, wo Diskurse im Namen der Moral und mit universalem Geltungsanspruch geführt werden, scheint die Kluft am tiefsten, die Wut und Verbitterung auf allen Seiten am größten zu sein.
Ist es da nicht viel eher Zeit, auch einen Schritt weiter über die direkte affektive, emotionale, destruktive Reaktion hinauszusehen? Das Ungenügen an der Welt und an den persönlichen oder gesellschaftlichen Verhältnissen, das sich in vielfältigen Formen – vom bayerischen ›Grant‹ bis zum ›revolutionären Pathos‹ – Bahn bricht, ist seit jeher eine wesentliche Triebkraft des Strebens nach Gerechtigkeit (für die in der antiken Mythologie die drei Furien durchaus zuständig waren), aber vor allem auch der Kreativität und der Kunst. Schon wenn man sich das zugehörige Adjektiv ›furios‹ ansieht, wird das deutlich: mitreißend, grandios, großartig werden damit verbunden und wenn man auf die lateinische Grundbedeutung zurückkommt, dann steckt neben der Wut und dem Wahnsinn auch die Begeisterung und die Verzückung, die tiefe Leidenschaft und die Liebesraserei im Furor.
Bas Wiegers
Jörg Widmann
In diesem vielfältigen Feld wollen wir uns in der kommenden Saison musikalisch bewegen. So werden natürlich mit
Ludwig van Beethoven und Dmitri Schostakowitsch zwei ›Großmeister‹ des Furors vertreten sein, aber auch Arbeiterlieder von Eisler und Weill, die grandiosen Frank-Bridge-Variations von Benjamin Britten, barocke Sopranarien im Liebeswahn, György Ligetis ›Concert Românesc‹ und Mozarts zwei letzte Symphonien. Außerdem werden Kurt Weills ›Die sieben Todsünden‹ erklingen, Erich Korngolds ›Sinfonische Serenade‹, Schönbergs ›Ode to Napoleon‹ mit dem unvergleichlichen HK Gruber Bryce Dessner, dem Cellokonzert von Márton Illés und einem Streicherstück für das MKO ohne Dirigent von Samir Odeh-Tamimi werden wir im Laufe der Saison aus der Taufe heben.
Ein Großteil der Konzerte im Prinzregententheater wird von unseren drei Associated Conductors Enrico Onofri, Bas Wiegers und Jörg Widmann geleitet, die Sie, liebes Publikum, schon in der ersten Saison so wunderbar angenommen und gefeiert haben. Darüber hinaus haben wir wieder eine Riege an großartigen Gästen gewinnen können – viele davon Freunde und Weggefährten wie Nicolas Altstaedt, Ilya Gringolts und Pekka Kuusisto, einige neu und zum ersten Mal bei uns. So freuen wir uns sehr, dass der fantastische Kirill Gerstein das erste Mal mit uns auf der Bühne konzertieren wird, und möchten Ihnen die Sopranistin Elsa Benoit und die Dirigentin Delyana Lazarova vorstellen.
Enrico Onofri
Nachtmusik in der Pinakothek der Moderne
Die ›Nachtmusiken‹ in der Pinakothek der Moderne gehen mit zwei nachzuholenden Porträtkonzerten von Gloria Coates und Bryce Dessner in ihre bereits 21. Saison; dazu erfüllt sich ein lang gehegter Wunsch mit einem Komponistenporträt von Hanns Eisler. In der Himmelfahrtskirche in Sendling, einem in Pandemiezeiten liebgewonnenen Spielort des Orchesters, widmen wir uns gemeinsam mit Jörg Widmann in einem besonderen Konzertformat dem späten Richard Strauss. Und wie gewohnt sind zwei eher experimentellere Programme in der MKO Songbook-Reihe mit den Dirigentinnen Lin Liao und Chloé Dufresne im Schwere Reiter geplant.
So hoffen wir, Ihnen in der kommenden Saison Musiker, Programme und Werke vorzustellen, die den ›Furor‹ als Triebkraft der Kunst und beglückender Begegnungen und Konzerterlebnisse erfahrbar machen.
Mit großer Vorfreude,
Ihr
Münchener Kammerorchester
Künstlerisches Gremium: Yuki Kasai, Daniel Giglberger, Florian Ganslmeier, Philipp Ernst, David Schreiber, Nancy Sullivan
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